«Jedes Unternehmen im Aargau ist ein Leuchtturm!»

    Dieter Egli, Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI) des Kantons Aargau zieht nach über 100 Tagen in seinem Amt eine Bilanz über den Rollenwechsel vom Parlamentarier in die Exekutive. Dabei spricht er über die Pandemie, die seinen Arbeitsalltag grossmehrheitlich bestimmt, über das Härtefallprogramm, aber auch über Silberstreifen am Horizont. Dazu gehört das Programm Hightech Aargau und die innovativen und starken Aargauer KMU.

    (Bild: zVg) Der Aargauer Polizei- und Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli ist über 100 Tage im Amt: «Ich spüre aber auch die Verantwortung, die mit all den Entscheiden zusammenhängt.»

    Sie sind über 100 Tagen Regierungsrat. Welche Erfahrungen haben Sie bis jetzt in diesem Amt gemacht?
    Dieter Egli: Bisher bestimmt die Pandemie meine Agenda – und oft auch das Tempo der Arbeit. Beeindruckt bin ich von den Mitarbeitenden im Departement, die professionell und engagiert am Werk sind. Schade ist, dass ich viele von ihnen noch nicht persönlich treffen konnte. Die meisten Kontakte finden nach wie vor via Skype- und Teams-Sitzungen statt. Das ist und bleibt speziell.

    Vor der Wahl sagten Sie, Sie würden gerne Politik zum Beruf machen. Nun, wie fühlt es sich an?
    Der Rollenwechsel vom Parlamentarier ins Exekutivamt ist eine einschneidende Veränderung. Ich bin in die Politik eingestiegen, weil ich etwas bewegen wollte. Im Parlament kann man Stellung beziehen, Anregungen geben und Vorstösse machen – mitreden. Als Regierungsrat habe ich eine viel direktere Verantwortung: Ich kann Projekte umsetzen und Prioritäten setzen und so die Zukunft des Kantons mitgestalten. Ich spüre aber auch die Verantwortung, die mit all den Entscheiden zusammenhängt.

    Sie führen das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI). Was liegt Ihnen besonders als Volkswirtschafts- und Polizeidirektor?
    Das DVI ist das grösste Departement im Kanton Aargau, mit rund 2‘500 Mitarbeitenden. Da ist der Austausch untereinander und die Zusammenarbeit über die verschiedenen Abteilungen hinweg zentral, und es braucht gegenseitiges Vertrauen. Ich möchte den Mitarbeitenden zuhören und ihnen das Vertrauen schenken, das ich von ihnen erwarte.

    Welches sind die grössten Geschäfte und Projekte für dieses Jahr?
    Natürlich hat die Bewältigung der Pandemie höchste Priorität. Wir wollen die Unternehmen so schnell und so gut wie möglich unterstützen. Wir dürfen stolz darauf sein, dass wir im Kanton Aargau eine rasche und unbürokratische Lösung gefunden haben, um die Hilfsgelder auszuzahlen. Unsere Aufgabe ist es, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und den Menschen wieder eine Perspektive zu geben.

    Bundesrat Alain Berset bezeichnet die Pandemie als Marathon. Sie sind Marathonläufer, also ist dies für Sie Routine?
    Natürlich nicht. Für uns alle ist die Pandemie eine Herausforderung, wie wir sie in einem solchen Ausmass noch nie erlebt haben. Seit über einem Jahr lernen wir nun, mit dem Virus zu leben. Und es wird wohl noch etwas dauern. Wir müssen Geduld haben, aber auch auf unsere Fähigkeiten zur Überwindung der Krise vertrauen. Und vor allem müssen wir uns alle weiterhin gegenseitig unterstützen. Die Pandemie darf die Politik und die Gesellschaft nicht entzweien.

    Ein Ziel von Ihnen ist die Polizei zu vergrössern. Hat der Aargau zu wenig Polizisten und wie gehen Sie da vor?
    Die Anzahl Polizistinnen und Polizisten wurde in unserem Kanton – dank der 1:700-Klausel im Polizeigesetz – seit 2007 markant erhöht. Das reicht aber nicht aus: Der Polizeibestand hinkt im Aargau dem schweizerischen Durchschnitt deutlich hinterher. Der Handlungsbedarf ist gegeben: Die Aargauer Kantonspolizei muss das immer komplexer werdende Alltagsgeschäft bewältigen und dabei auch in ausserordentlichen Situationen einsatzfähig sein. Das kann sie nur, wenn sie personell verstärkt wird. Der Regierungsrat will deshalb dem Grossen Rat einen Planungsbericht über die Zukunft der Polizei im Kanton Aargau unterbreiten. Darin soll der künftige Personalbedarf aufgezeigt und auch das duale System mit Kantonspolizei und Regionalpolizeien überprüft werden. Basis dafür ist auch eine Bevölkerungsbefragung. Deren Ergebnisse werden wir noch vor den Sommerferien präsentieren.

    Sie waren kaum im Amt und schon mit dem Stellenabbau der General Electrics konfrontiert. Wie geht es der Aargauer Wirtschaft und Unternehmen momentan?
    Die Auswirkungen der Pandemie bekommt die gesamte Wirtschaft zu spüren. Es sind für alle Betriebe sehr herausfordernde Zeiten. Hart trifft es momentan Unternehmen aus der Gastronomie, dem Tourismus, dem Sport und der Unterhaltungsbranche. Wir arbeiten deshalb ständig daran, unser Härtefallprogramm anzupassen und zu erweitern. Mittel- und langfristig wird es sicher auch für die exportorientierte Industrie schwierig werden, die im Aargau stark vertreten ist. Das spüren wir schon jetzt.

    Was sind – mal abgesehen von Corona – Herausforderungen für die Aargauer Wirtschaft?
    Entscheidend ist, dass die Wirtschaft weiterhin innovativ bleibt. Von innovativen Produkten und Unternehmen hängt alles ab: unser Einkommen, unsere Steuern, unser Wohlstand. Dafür braucht es gute Rahmenbedingungen, auch nach der Krise: politische Stabilität, eine funktionierende Sozialpartnerschaft, finanzpolitische Solidität, das duale Bildungssystem, die guten Forschungsinstitutionen und Hochschulen sowie die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industriekonzerne.

    Wie wollen Sie die KMU-Wirtschaft unterstützen und fördern?
    Forschung und Entwicklung ermöglichen eine immer effizientere Nutzung der materiellen Rohstoffe unseres Planeten. Dies ist die Grundlage für ein gesundes Wachstum unserer Wirtschaft. Mit dem Programm Hightech Aargau wollen wir Wirtschaft und Forschung näher zusammenbringen und den Know-how-Transfer von den Fachhochschulen und Forschungsinstitutionen in die Unternehmen sicherstellen. Zudem brauchen wir Fachkräfte im Kanton. Es ist deshalb wichtig, dass sich Familie und Beruf miteinander vereinbaren lassen.

    Was sind besondere Leuchttürme in der Aargauer Wirtschaft?
    Jedes Unternehmen im Aargau ist ein Leuchtturm! Sowohl kleine und mittelständische Unternehmen als auch Weltkonzerne sind im Aargau erfolgreich tätig. Ihre Marken stehen für Kompetenz sowie Know-how in den Schlüsseltechnologien der Zukunft – beispielsweise künstliche Intelligenz, Roboter und Drohnen, personalisierte Gesundheitslösungen oder ressourceneffiziente Produktionstechnologien.

    Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für Ihr Department in diesem Jahr gesetzt?
    Neben den Härtefallmassnahmen steht die Verlängerung des Programms Hightech Zentrum Aargau an. Dann geht es um die Fortsetzung des Kantonalen Integrationsprogramms (KIP 2). Dieses soll sicherstellen, dass Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene mit Bleibeperspektive möglichst früh unsere Sprache lernen und sich schneller integrieren. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist das enorm wichtig. Mit dem Planungsbericht zur Polizeiorganisation will ich schliesslich eine politische Diskussion einleiten: Wir müssen uns Gedanken machen, was uns unsere Sicherheit wert ist.

    Interview: Corinne Remund

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